Programmier-Systeme

Programmier-Systeme für andere Bearbeitungs-Methoden, Fräsen, Drehen, Brenn-Schneiden und andere gab es schon seit einiger Zeit. Die ersten Systeme, die für die Draht-Erosion geeignet waren, kamen aber erst in den ersten '70er Jahren auf den Markt. Diese Systeme mussten nicht so raffiniert sein wie die bereits bestehenden, man musste ja hier keine Technologie und keine Bewegungen im Raum (Z-Achse) programmieren. Dies bedeutet, dass bestehende Programmier-System eigentlich viel zu viel Informationen verlangten und lieferten.
Die Chronologie, in welcher diese Systeme bei erschienen kann leider nicht genau nachvollzogen werden, AGIE selber hat sich lange nicht für ein bestimmtes System entschieden, und die Wahl immer dem End-Anwender überlassen.

Der HP-9830

Der HP-9830 Rechner
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Der HP-9862

Der HP-9862 Plotter
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Mit der Einführung von Tisch-Rechnern, die leistungsfähig genug waren, um diese Aufgaben zu bewältigen, eröffnete sich auch ein ganz neuer Markt für die Hersteller der Programmier-Systeme. Der erste Rechner, der diese Anforderungen erfüllte war sehr wahrscheinlich der HP9830 von Hewlett-Packard. Es handelte sich hierbei um einen Rechner, der in der Programmier-Sprache BASIC programmiert werden konnte. In der Normal-Ausführung verfügte er um sage und schreibe 4 KByte Speicher (US$ 5'975.--), konnte aber mit einer Speicher-Erweiterung auf gesamt 8 KByte aufgerüstet werden, was den Preis natürlich um einiges erhöhte (ca. US$ 1'475.--). Auf der Seite bestand ein Fach, in welches spezielle ROMs (je US$ 485.--) eingesteckt werden konnten, welche für bestimmte Aufgaben vor-programmiert waren, z.B. Ansteuerung eines Plotters, Ausgabe von Daten auf Peripherie-Geräte, Zeichen-Ketten-Verarbeitung, usw.
In der Normal-Konfiguration für die NC-Programmierung wurde der Rechner in Grund-Ausführung verwendet, mit einem Thermo-Drucker (in der Abbildung auf den Rechner aufgesetzt, US$ 2'975.--), einem Stift-Plotter (US$ 2'675.--), einem Lochstreifen-Stanzer (Preis unbekannt) und Leser (US$ 1'470.--) als Peripherie-Geräten. Alles in Allem kam dies auf über US$ 11'600.--, ohne den Lochstreifen-Stanzer und die Software zu zählen.
Als Programmier-Software wurde ein Produkt eines Französischen Herstellers eingesetzt, welche für Fräs-Bearbeitungen entwickelt wurde, ELAN-30. Mit dieser Software konnte man erstmals geometrische Elemente definieren, die anschließend mit Bearbeitungs-Reihenfolgen abgearbeitet werden konnten, die Software übernahm die Berechnung der effektiv notwendigen Segmente, indem Schnitt- und Tangential-Punkte ermittelt wurden. Aus diesen Angaben wurde automatisch ein Lochstreifen gestanzt, der alle notwendigen Informationen enthielt. Der Umfang der Daten war natürlich für allgemeine Bearbeitungen ausgelegt, d.h. es waren Informationen enthalten, die für die Draht-Erosion gar nicht notwendig waren (Werkzeug-Nummer, Vorschub, Spülung, usw.), diese Angaben wurden einfach mitgeschleppt, auch wenn unnötig.
In einem zweiten Durchgang wurde der Lochstreifen anschließend erneut eingelesen, damit dessen Angaben mit einem speziellen Postprozessor weiter bearbeitet werden konnten, um schlussendlich den Lochstreifen für die Maschine zu stanzen. Der erste Postprozessor wurde nicht für die DEM15, sondern für die DEM-25, also dem Nachfolge-Modell hergestellt, die Programmierung der ersten Maschine erschien der Französischen Firma zu aufwendig. Der erste Postprozessor wurde als Co-Produktion zwischen dem Lieferanten und AGIE entwickelt, damit die notwendigen Angaben für weitere Entwicklungen bekannt waren.
Als Eigen-Entwicklung von AGIE wurde anschließend der Postprozessor für die DEM-15 erstellt, zuerst nur im ISO oder EIA Code, später auch im AGIECODE. Als spezielle Zusatzfunktion wurde auch eine neue Annäherung der Winkel-Bruchteile entwickelt. Unter Verwendung von Ellipsen, die ja auf der DEM-15 leicht programmierbar waren, konnten die gewünschten End-Punkte mit einer äußerst hohen Genauigkeit errechnet und auf dem Lochstreifen gestanzt werden. Der Postprozessor speicherte auch immer den sogenannten Schlepp-Fehler, der durch die Berechnungen entstand, damit dieser bei nachfolgenden Berechnungen berücksichtigt werden konnte um den Gesamt-Fehler der Kontur auf ein Minimum zu reduzieren.

Die ersten Computer Zentren

Irgendwann in dieser Zeit kamen auch die ersten Rechen-Zentren auf, mit den unterschiedlichsten Computern. Das erste Zentrum, das für die Programmierung von Werkzeug-Maschinen ausgerüstet war, befand sich in der Nähe von Zürich, im Tessin war von solchen Anlagen noch nicht die Rede. Die Geometrie und Bearbeitungs-Reihenfolgen musste in der Programmier-Sprache APT (Automatically Programmed Tools) oder dessen Abwandlungen programmiert werden. Diese Angaben wurden in spezielle Formulare eingetragen, damit sie danach in Lochkarten gestanzt werden konnten. Diese zweite Operation musste im Rechenzentrum geschehen, die Maschinen die Firmen-intern verwendet wurden waren immer  für andere Aufgaben belegt.
Mit den Formularen im Gepäck, immer für eine ganze Anzahl von Programmen, musste man mach Zürich fahren, die Lochkarten stanzen und auf den Abend warten, nur dann konnte das Werkzeug-Maschinen-Programm geladen werden, da die Rechen-Anlage während dem Tag mit anderen Aufgaben belegt war.
Der erste Durchgang mit dem Programm verlief fast immer mit einer Fehler-Meldung, bei welcher die Berechnung abgebrochen wurde. Das Resultat musste analysiert werden, gefundene Fehler auf den Lochkarten korrigiert werden, bis ein erneuter Rechner-Lauf gestartet werden konnte. So musste man sich Fehler um Fehler bis zu einem erfolgreich berechneten Programm vorantasten und bei beendeter Arbeit wieder in den Tessin zu fahren.

Die ersten Timesharing Systeme

Das Olivetti Terminal

Das Olivetti
Terminal

Kurze Zeit nach dieser doch recht aufwendigen Lösung wurden die ersten Rechen-Zentren eröffnet, welche auch den Zugriff von Außen ermöglichten, über ein entsprechendes Terminal. Es wurde also ein solches Terminal angeschafft, und das Personal wurde in den notwendigen Operationen geschult. Hier wurde nun ein Lochstreifen anstelle der Lochkarten gestanzt, natürlich im Lokal-Betrieb, ohne mit dem Rechner in Verbindung zu sein.
Es musste auch ein Modem von der Post gemietet werden, mit Abmessungen die in etwa denen eines heutigen Desktop PC Gehäuse vergleichbar war. Die Übertragungs-Geschwindigkeit die damit erzielt werden konnte betrug ganze 300 Baud, also ein absolutes Schnecken-Tempo wenn man dies mit heutigen Geschwindigkeiten vergleicht.
Damit die Telephon-Verbindung "sauber" war, musste eine spezielle Leitung verlegt werden, welche nicht über die Telephon-Zentrale ging, von dort kamen immer störende Impulse in die Verbindung.
War das Programm gestanzt, konnte man sich mit dem "Time Sharing" Rechenzentrum Verbinden, um die Angaben zu übermitteln und den ersten Rechen-Durchgang zu starten. Auch hier wurde der Ablauf anfänglich bei dem ersten auftretenden Fehler abgebrochen, durch spätere Verbesserungen am APT Programm wurde dies behoben, sodass das Programm bis zum Ende durchlief, und eine Liste der aufgetretenen Fehler lieferte.
Auch hier musste der Eingabe-Lochstreifen korrigiert werden, um eine erneute Berechnung durchzuführen.

Das AGIPAC System

Eine Firma in England, die auch eine DEM-15 erworben hatte und mit der Herstellung von Computern beschäftigt war, entwickelte eine Sonderlösung, speziell für die Draht-Erosion ausgelegt. Diesem Programmier-System wurde der Name AGIPAC verliehen, damit es nicht mit einem AGIE Produkt verwechselt werden konnte.
Auch hier geschah die Verbindung mit dem Computer über ein Terminal, man musste aber jedes Mal eine Nummer in England anwählen, mit entsprechenden Kosten.
Dieses spezielle Programmier-System war sehr Kurzlebig, die Qualität und die Kosten der internationalen Verbindungen waren noch nicht auf dem Stand von heute.

LAMA-25

Der HP-9825

Der HP-9825
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Nach diesen ersten Entwicklungen folgten unzählige andere Systeme, diese hier aufzuzählen wäre in Ding der Unmöglichkeit.
Im Jahr 1976 kam Hewlett-Packard wieder mit einem neuen Rechner auf den Markt, dem HP-9825, ein regelrechter Tisch-Computer, der in einer HP-Eigenen Sprache programmiert werden konnte. Zuerst wurde ein solcher Rechner angeschafft, der in der Grundausführung US$ 5'900.-- kostete, ohne die Peripherie-Geräte (Plotter und Stanzer) die außerdem notwendig waren. Dieser erste Rechner wurde einer Abteilung an der technischen Universität in Zürich (ETH) zur Verfügung gestellt, wo ein neues Programmiersystem entwickelt werden sollte, speziell für die Draht-Erosion. 
Der HP-9825 verfügte auch über eine sogenannte "Interrupt" (Unterbruch) Funktion, welche verwendet werden sollte, um die errechneten Daten direkt an die Maschine zu übermitteln, wenn der Rechner nicht gerade mit der Programmierung von Konturen beschäftigt war. Dies stellte sich später als unnötig heraus, niemand wollte den Rechner so nahe bei der Maschine aufstellen, um in einer lauten und von anderen Einflüssen gestörten Umgebung zu programmieren.
Das Programmier-System, welches bei dieser Entwicklung entstand wurde auf LAMA-25 getauft, der Projekt-Leiter hatte eine bestimmte Namensgebung bei seinen Entwicklungen gewählt. Dieses Produkt wurde anschließend auch von AGIE übernommen, und wurde zum Standard Programmier-System welches mit den DEM Anlagen angeboten und verkauft wurde.