Die Drahterosion |
Nein, die Drahterosion wurde nicht bei AGIE entwickelt. Ähnlich wie die Funkenerosion allgemein (vom Ehepaar Lazarenko, ca. 1943), wurde auch die erste Erosionsmaschine, die mit einer Drahtelektrode Konturen schneiden konnte, in der damaligen Sowjetunion entwickelt. Es handelte sich dabei um eine Maschine, die einer Schablone folgte, die zuerst mit anderen Mitteln gefertigt werden musste. Diese Maschine erreichte nie einen Stand, der es erlaubt hätte, sie kommerziell zu nutzen, es standen offensichtlich nicht die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung, um diese erste Maschine auszureifen. Man muss jedoch einräumen, dass AGIE auf diesem Gebiet absolute Pionier-Arbeit geleistet hat, und dass alle anderen Anbieter erst Jahre später mit ähnlichen Anlagen auf den Markt kamen.
Es war schätzungsweise 1967 oder 1968, als W.U. diese Maschine auf einer Ausstellung in Moskau sah, und die Idee aufgriff, daraus ein neues Produkt für AGIE zu entwickeln. Die Weitsicht von W.U. erwies sich im Laufe der Jahre als eine Revolution, die den gesamten Werkzeug- und Formenbau zum Umdenken zwang und ganz neue Produktions-Verfahren in die Welt rief.
Zurück in Losone, erteilte er den Auftrag für eine dementsprechende Studie, es sollte aber nicht eine Maschine nach dem Sowjetischen Modell werden, sondern eine numerisch gesteuerte, die vollautomatisch hochpräzise Konturen schneiden sollte. Ein Kupferdraht, zur Herstellung feiner Schlitze oder das Trennen von exotischen oder teuren Materialien, wurde bereits auf Senkerodiermaschinen eingesetzt, die Technologie war also nicht ganz neu.
Verschiedene Teams wurden gebildet, um die unterschiedlichen Elemente zu Entwickeln: die Werkzeugmaschine als solche, den Generator und die numerische Steuerung.
Die erste AGIECUT DEM-15 (1969) |
Für die Werkzeugmaschine wurde internes Personal, unter der Leitung von A.S. und M.M. eingesetzt, die mit einem äußerst geringen Budget die DEM (Draht Erodier Maschine) entwickeln sollten. Die geplanten Verfahrwege wurden auf 150 x 150 mm festgelegt, da man annahm, dass niemand auf die Idee kommen würde, jemals größere Teile mit solch einer Anlage zu schneiden, die Skepsis war sehr hoch da es sich ja um absolutes Neuland handelte.
Die geringsten Probleme sah man bei dem Generator, hier konnte man einen bestehenden Schwingkreisgenerator einer Senkmaschine verwenden, der jedoch angepasst werden musste. Hier wurde das Können von E.L. eingesetzt, der in diesen Jahren für die Entwicklung der AGIE Generatoren verantwortlich war.
Das größte Problem war die Steuerung, da verfügte AGIE um keine Kenntnisse und demnach auch kein Personal. Hier musste also auf externes Wissen zurückgegriffen werden. Wie die Wahl auf die Technische Universität Hannover viel, ist mir nicht bekannt, W.U. hatte dort offensichtlich schon andere Entwicklungen durchführen lassen (er erhielt Seinen Dr. h.c. auch später von dort). Auch hier musste mit einem äußerst knappen Budget eine Steuerung entwickelt werden, praktisch etwas, das nicht von bereits bestehenden Steuerungen "abgeschaut" werden konnte. Hier kamen H.R. und V.S. zum Einsatz, die mit Ihren Mitarbeitern verblüffendes zustande brachten. Man darf nicht vergessen, dass die Technik der Numerischen Steuerungen noch in den Kinderschuhen steckte. Man verwendete in diesen Jahren Maschinen mit Nocken-Steuerungen und die ersten Steckerfeld-Steuerungen!